In letzten Sitzung des Gemeinderates am 26. Juni 2025 wurde einstimmig eine Änderung der Wasserabgabesatzung beschlossen. Ziel dieser Maßnahme war es, den seit Jahren defizitär arbeitenden Eigenbetrieb der Frischwasserversorgung, mit einem kumulierten Verlust von rund einer Million Euro, wirtschaftlich zu stabilisieren und somit langfristig die Versorgungssicherheit und die finanzielle Handlungsfähigkeit der Gemeinde zu sichern.
Konkret sah die geänderte Satzung eine Erhöhung der Verbrauchsgebühr von bislang 1,15 Euro auf 1,95 Euro pro Kubikmeter sowie eine Anhebung der monatlichen Grundgebühr für Hausanschlüsse von 8,50 Euro auf 12 Euro vor. Die Anpassung sollte rückwirkend zum 1. Januar 2025 in Kraft treten, um das prognostizierte Defizit im laufenden Jahr auszugleichen. Der Rat wählte dabei bewusst eine moderate Gebührenanpassung nach sozialen Aspekten, deutlich unterhalb der Empfehlung eines unabhängigen Fachbüros (2,78 Euro/m³).
Dabei ist es wichtig zu betonen, dass gebührenrechnende Einrichtungen wie die Wasserversorgung nach dem Kostendeckungsprinzip kalkuliert werden müssen. Das bedeutet: Die Gebühren müssen die tatsächlichen Betriebskosten decken. Andernfalls entsteht ein ungedecktes Defizit, das über den allgemeinen Gemeindehaushalt finanziert werden müsste. Dies hätte zur Folge, dass letztlich alle Bürgerinnen und Bürger (unabhängig vom individuellen Wasserverbrauch) über Steuermittel zur Kostendeckung herangezogen würden. Das trifft vor allem diejenigen, die sparsam und verantwortungsvoll mit Wasser umgehen, überproportional stark. Eine nicht kostendeckende Gebührenstruktur ist also nicht nur finanzwirtschaftlich problematisch, sondern auch sozial ungerecht.
Im Nachgang zu dem Satzungsbeschluss kam es jedoch zu Beschwerden und rechtlichen Bedenken von einigen Bürgerinnen und Bürgern, unter anderem unter Einbeziehung der Kommunalaufsicht des Landkreises Hildesheim.
Die Kommunalaufsicht wies die Gemeinde im weiteren Verlauf auf eine juristisch umstrittene Frage hin: konkret auf die verfassungsrechtliche Zulässigkeit einer rückwirkenden Erhebung von Gebühren.
Aus Sicht der Gemeindeverwaltung handelte es sich hierbei um eine grundsätzlich rechtlich zulässige sogenannte ‚unechte Rückwirkung‘, da die Abrechnung des Wasserverbrauchs für das Jahr 2025 erst im Januar bzw. Februar 2026 erfolgt und somit noch kein abgeschlossener Sachverhalt vorliegt. Vergleichbare Verfahren, etwa bei der rückwirkenden Anpassung der Grundsteuer, stützten diese Einschätzung. Der Landkreis Hildesheim hingegen vertritt eine abweichende Rechtsauffassung. Unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs sieht die Aufsicht hierin eine sogenannte „echte Rückwirkung“, da der gebührenpflichtige Tatbestand mit dem Verbrauch von Wasser als abgeschlossen betrachtet wird. Aus dieser Sicht wäre eine rückwirkende Erhebung unzulässig, da sie gegen das staatsrechtlich verankerte Prinzip des Vertrauensschutzes und somit gegen das Rechtsstaatsprinzip des Grundgesetzes (Art. 20 Absatz 3 Grundgesetz) verstoßen würde. Insgesamt handelt sich hierbei um eine rechtlich nicht abschließend geklärte Frage, die auch in der Rechtsprechung und Fachliteratur umfassend kontrovers diskutiert wird.
Um jedoch einer formellen Beanstandung durch die Kommunalaufsicht sowie einem möglichen, langwierigen und kostenintensiven Rechtsstreit zuvorzukommen, beabsichtigt die Gemeindeverwaltung, die beschlossene Satzung in der Sitzungsfolge des Novembers aufheben zu lassen, um für das Folgejahr eine rechtssichere Neufassung der Satzung zum 1. Januar 2026 in Kraft treten zu lassen.
Mit der nun geplanten Aufhebung der Satzung verschwinden die Kosten dabei allerdings nicht. Sie werden lediglich in die Folgejahre verschoben. Das Defizit aus dem Wirtschaftsjahr
2025 bleibt bestehen und wird im Frühjahr 2026 im Rahmen des dann zu erstellenden Betriebsabrechnungsbogens ermittelt. Es fließt anschließend als Verlustvortrag in die künftige Gebührenkalkulation ein und muss über entsprechende Nachkalkulationen und Anpassungen entsprechend des Niedersächsischen Kommunalabgabengesetzes in den kommenden Jahren ausgeglichen werden. Eine echte Entlastung für die Gebührenpflichtigen ergibt sich folglich nicht.
Gerade deshalb bleibt es unsere zentrale Aufgabe, unter schwierigen Rahmenbedingungen Lösungen zu erarbeiten, die rechtlich belastbar, sozial verantwortbar und wirtschaftlich tragfähig sind.
Das Ziel der Gemeinde Diekholzen bleibt weiterhin eine stabile, gerechte und zukunftsfähige Wasserversorgung – im Interesse aller Bürgerinnen und Bürger unserer Gemeinde.